Samstag, 12. Mai 2007

Im Westen nichts Neues














Eigentlich wollte ich mit meiner Digicam mal einen aktuellen Schnappschuss von den Bauarbeiten an den Westeins-Redaktionsräumen machen, um dem staunenden Publikum von den Fortschritten zu berichten.


Eigentlich ist aber der letzte Beitrag auf dem Westeins-Blog vom 29. Januar noch der aktuelle Stand der Dinge, zumindest von außen betrachtet.

Freitag, 11. Mai 2007

Nabelschau (und tiefer)

Blogger sind in ihren Beiträgen doch nur selbstreferenziell. Sie betreiben lediglich eine selbstverliebte Nabelschau.

So die Kritik gestandener Print-Journalisten, die nach einem oberflächlichen Blick ins Netz meinen, die Szene überblicken zu können.

Ja, Zeitung ist doch etwas ganz anderes!

Ist sie das wirklich?

Zumindest die „neue“ WAZ dürfte inzwischen auch Fans von „Internet-Tagebüchern“ (nicht meine Definition, so sehen es aber manche Kollegen) Freude bereiten.

So berichtet heute eine Kollegin auf Seite3 in einer Geschichte zum Muttertag: „Auch Damm-Dehnübungen legt sie mir nahe. Ach, Sie wissen nicht, was ein Damm ist? Ich schweige, denn das Thema ist nicht frühstückstauglich. Nur so viel sei gesagt: Man kann dieses Körperteil ölen, zusammen mit seinem Partner massieren oder mit einem Spezialgerät trainieren.“

(Da ich mich hier nicht um Frühstückstauglichkeit kümmern muss, hier die Damm-Definition von Wikipedia: Das Perineum oder der Damm ist die Region zwischen After und den äußeren Geschlechtsorganen. Beim Mann ist dies die Region zwischen Anus und Skrotum [Hodensack], bei der Frau die zwischen Anus und der hinteren Kommissur der großen Schamlippen.)

Ok, wenn das jetzt der Stil ist, werde ich demnächst einmal meine Leser an meinen Verdauungsschwierigkeiten teilhaben lassen und vielleicht zum Vatertag einmal einen Kollegen über seine Erlebnisse bei der Sterilisation berichten lassen.


Die Kollegin, die uns bei ihrer (Unter-den-)Nabelschau tiefe Einblicke in die Schwangerschaft gewährt, hat durchaus eine persönliche Beziehung zur Bloggerei. Nicht nur dass sie selbst für die WAZ bloggt, sie hat der Szene hier, hier, hier, hier und hier ein schönes Thema geliefert.

(Sie ist übrigens tatsächlich schwanger, es ist keine sonntägliche Frankfurter Schein-Schwangerschaft.)

Streik

Vermutlich werden sich die WAZ-Leser morgen (Samstag, 12. Mai) über eine dünne oder sogar fehlende Frühstücks-Lektüre wundern. Soeben sollen, so der Flurfunk, die Drucker in Essen in den Warnstreik getreten sein. Es wird berichtet, dass sie erst gegen 22 Uhr wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren wollen.

Sie wollen damit die laufenden Tarifverhandlungen (Vertrag am 31.3. gekündigt) unterstützen. Die aktuelle Forderung liegt bei 6,5 Prozent mit einer Laufzeit von 12 Monaten.

Bei uns Redakteuren steht die nächste Tariferhöhung schon fest, ab 1.8. gibt es grandiose 1 (in Worten: ein) Prozent.

Umzug geschafft

So, nun sind die Altlasten umgezogen, dann kann es ja an neuer Adresse frisch ans Werk gehen.

Donnerstag, 10. Mai 2007

Kein Thema

(Archiv: 6. März 2007)

Kaum ist man aus privaten Gründen einige Wochen komplett offline (nein, meine Tarnkappe wurde nicht gelüftet), wird von Westeins der erste der erste kleine Schritt in die „schöne neue web2.0-Welt“ gemacht. Westropolis heißt der neue Kulturkanal aus dem Zeitungshaus. Dafür wurden, wie bereits bei den ersten Diskussionen über den geplanten Web-Auftritt angekündigt, sogar externe Blogger eingekauft.
Um die Diskussion aus dem letzten Jahr noch einmal aufzugreifen: Hoffentlich werden die auch leistungsgerecht entlohnt und bekommen mindestens die rund 30 Cent pro Zeile, von denen freie Print-Mitarbeiter ihr Luxus-Dasein mit Auto, Handy und Internet-Anschluss (das unverzichtbare Handwerkszeug) finanzieren müssen. Dabei bin ich mir persönlich nicht ganz sicher, ob man Online-Autoren eigentlich besser bezahlen sollte als Print-Schreiber, deren Artikel letzendlich (ohne Sonder-Honorar) auch auf den WAZ-Online-Seiten landen. Aber das ist eine Diskussion, die eher in den (geschwächten) Journalisten-Gewerkschaften geführt wird, in den Print-Redaktionen ist das kein Thema.
Damit wäre ich bei dem Stichwort, das das Interesse der meisten WAZ-Redakteure am Online-Engagement des Hauses (zumindest in vielen Lokalredaktionen) ganz treffend kennzeichnet: „kein Thema“. Dass Westropolis gestartet ist, haben viele erst aus dem eigenen Blatt erfahren und dann der Seite vielleicht einen kurzen Besuch abgestattet. Kommentare zu diesem interessanten Projekt werden weder in Konferenzen, noch in privaten Gesprächen abgegeben. Nur die „üblichen Verdächtigen“, Online-Beauftragte wie Bernd Kassner oder der NRZ-Onliner Markus Peters kommentieren in den Blogs. Ansonsten herrscht freundliches Desinteresse.
Dazu kommt, dass die Neugier auf „Westeins“ mit jeder gerüchteweise bekannt gewordenen Verschiebung des Erscheinungstermins immer weiter in den Keller rutscht. Ja, es baut sich sogar trotz (oder wegen) der regelmäßigen „Wie Funktioniert das Internet heutzutage“-Geschichten eine gewisse Antipathie gegen das „Online-Teufelszeug“ auf. „Braucht man das eigentlich, auch in der Freizeit noch vor dem Bildschirm zu sitzen? Mir reicht die Zeitung! Und überhaupt, was ist eigentlich web2.0?“ fragte vor kurzem ein sonst aufgeschlossener Kollege. Dabei wurde doch gerade dieser Begriff hinreichend in der gedruckten WAZ-Ausgabe erklärt.
Und was macht zur Zeit die Westeins-Chefredaktion? Nichts, von dem ein Print-Kollege in der Lokal-Redaktion etwas erführe. Weder Rundschreiben, noch Newsletter, noch Aushänge informieren über den aktuellen Stand des Projektes. Wer die Suche-Funktion des WAZ-Intranets mit dem Begriff „Westeins“ füttert, bekommt so interessante Informationen, wie die Inventur-Richtline, auf der auch die Chefredakteurin Borchert genannt wird. Einige Informationen gibt da wenigstens der Pressespiegel her, der unter anderem auf den Artikel „Lyssas wilder Westen“ in der Süddeutschen Zeitung verweist.
Und damit haben wir wieder das alte Kommunikations-Problem in unserem Kommunikations-Unternehmen. Will ich etwas aus meiner Firma erfahren, muss ich andere Blätter zu Rate ziehen oder ins Bloggersdorf gehen. Da erfahre ich dann wenigstens, wie der ziemlich informationsfrei gehaltene SZ-Artikel so ankommt. Bei der Interviewten stößt er zumindest auf wenig Gegenliebe, um nicht zu sagen die Story hat offensichtlich dafür gesorgt, dass Lyssa „sich auf den Boden warf und mit den Fäusten trommelte“. Ok, die Story war sicher nicht das, was sich SZ-Kommentator Heribert Prantl unter Qualitäts-Journalismus vorstellt, aber das Interview wurde doch wohl gegeben, um das Westeins-Projekt auch bei Offline-Lesern bekannt zu machen oder weiter im Gespräch zu halten. Im Sinne von PR ist es doch sogar positiv zu bewerten, dass die Münchener Zeitung erst jetzt die Online-Aktivitäten der WAZ für sich als Thema entdeckt hat.
Nur, nicht jeder WAZler liest die SZ und so flaut der von der Chefredaktion im letzten Jahr geschürte Westeins-Hype in den Redaktionen langsam ab, ist eben im Alltag „kein Thema“ mehr.

Zwischen den Stühlen (Update)

(Archiv 26. Januar 2007)

Als wäre es abgesprochen. Kaum wird die WAZ-Neuschöpfung des regionalen Newsdesk in Recklinghausen über die verärgerte Leserschaft hinaus zum Thema, landet das Medienhaus Lensing in Münster einen Coup, der nicht nur bei den dort vorerst (nur) freigestellten Redakteuren für Betroffenheit sorgt. „Billig (unter Tarif) besetzten Newsdesk rein – teure (weil nach Tarif bezahlte) Erfahrung raus“ scheint das Motto zu sein, das sich die nie um eine negative Überraschung verlegenen Verleger offenbar als Handlungsmaxime für die Zukunft ihres Hauses auf die Fahnen geschrieben haben.
Wie die Reaktionen der Leser in Münster ausfallen, bleibt abzuwarten. Manchen mag es sogar egal sein und viele wissen vielleicht gar nicht, auf wessen Rücken das Relaunch ihrer Heimatzeitung ausgetragen wurde.(Obwohl man sogar au dem Westline-Portal Kritisches zur Entwicklung lesen kann.)
Vor diesem Hintergrund erscheint die „neue Regionalausgabe“ im Vest, die am „Newsdesk“ in Recklinghausen entsteht, in der Medienszene nur noch ein „Aufreger“ zweiter Ordnung zu sein. Es gab keine Entlassungen, alle werden brav nach Tarif bezahlt und die WAZ bleibt den Lesern im Verbreitungsgebiet von Recklinghausen bis Olfen erhalten.
Also auch im neuen Gewand business as usual?
Ganz im Gegenteil. Die rund 25 Redakteure haben zwar ihre festen Plätze rund um den neuen Nachrichten-Tisch, sitzen aber gleichzeitig zwischen allen Stühlen. Sie müssen nach außen hin ein Lokalzeitungs-Modell vertreten, das ihnen von Verlag und Chefredaktion als die „Zeitung der Zukunft“ diktiert schmackhaft gemacht wurde. Wenn es dem einen oder anderen Kollegen vielleicht sogar schmeckt, in einer „Avantgarde-Redaktion“ (höchster Rang auf der Chefredaktions-Lobskala) zu arbeiten, so ballen doch manche altgediente Lokalredakteure insgeheim die Faust in der Tasche. Eigentlich gewohnt, von Lesern manchmal auch negative Kritik einzustecken, waren sie von der Lawine, die sie nach dem Start der neuen Vest-Ausgabe überrollte, doch überrascht. Die Telefone standen nicht still. „Wo ist meine Lokalausgabe?“ „Was interessiert mich der Verein in Recklinghausen, ich wohne in Haltern!“ „Wenn das mein Lokalteil sein soll, dann bestelle ich die WAZ ab!“
Ich beneide die Kollegen nicht, geballten Unmut für etwas zu spüren, was andere ihnen eingebrockt haben, ist sicher kein Zuckerschlecken.
Und die Leser haben nicht ganz unrecht. Versetze ich mich in die Lage von Jens, der ja aus Olfen stammt (aber schon vor dem Relaunch in den Pott gezogen ist, also keine falschen Zusammenhänge konstruieren) und nehme mir die heutige (25.1.) Vest-Zeitung zur Hand, fühle ich mich arg im Stich gelassen. Genau auf zusammen 48 Zeilen spiegelt sich in der zwölfseitigen Regional-Ausgabe das Leben in Olfen wieder. Da können sich Leser aus Waltrop sogar über 106 Zeilen freuen. Das alles verteilt sich auf Meldungen, bei Mehrspaltern ist Fehlanzeige.
Wenn man in der „Zentrale“ Recklinghausen weit ab vom lokalen Geschehen zum Beispiel vom über 20 Kilometer entfernten Haltern arbeitet, verliert man als Redakteur natürlich mit der Zeit das Gespür, was rund um den Kirchturm so los ist. Da schlafen Kontakte ein, da kommt nicht mal eben ein Leser in die Redaktion geschneit und erzählt eine kleine Geschichte. Das merken zumindest die alten Abonnenten – und kündigen massenhaft. Über die genauen Auflagenentwicklungen wird man beim „einfachen WAZ-Volk“ natürlich nicht informiert, aber der Flurfunk vermeldet fast 1000 Abbestellungen.
Dazu kommen noch die bei der WAZ nicht ungewöhnlichen Tücken der Technik. Für Service und Wartung der Computer ist seit Jahresanfang kein eigenes Personal mehr zuständig, der Bereich wurde outgesourced. Da kann man schon einmal während der Produktionszeit gut drei Stunden auf Hilfe warten, wenn am Newsdesk kein Bildschirm mehr flimmert.
Zugegeben, in Münster hat man den Kollegen den Stuhl vor die Tür gestellt und in Recklinghausen sitzt man zwischen den Stühlen. Bequem ist das nicht, zumal man nicht weiß, ob der von der Chefredaktion propagierte Leseraustausch klappt und später stabile Auflagenzahlen für eine halbwegs gesicherte Zukunft sorgen. Wenn die Vest-Zeitung scheitert, was wird dann aus der Redaktion?

Update: Traurige Erkenntnis, aber köstlich zu lesen: Jens und das Vest (Fehst, Fest, Feh...)

Modell Recklinghausen II Update

(Archiv: 18. Januar 2007)

Ich habe ja noch nicht herausbekommen, wie es um die Abo-Kündigungen im Bereich Vest steht, wenn man sich aber das WAZ-Forum zu diesem Thema ansieht (Thread von Jens eingerichtet), kann der Verlag derzeit nicht mit einer Steigerung der verkauften Auflage rechnen.
Es ist den Lesern die frühmorgendliche Zeitungs-Heimat weggenommen worden. Wenn auch sicher die Forenbeiträge nicht repräsentativ sind, so machen sie doch den Stellenwert des Lokalen deutlich. Keiner der Schreiber will die WAZ wegen ihres Mantelteils behalten, wenn die lokale Berichterstattung fehlt.
Das sollte den Damen und Herren in der Zentralredaktion zu denken geben!

Update: „Die WAZ ist für mich jedenfalls seit Samstag Geschichte.“ So der bisher letzte Beitrag im "Vest-„Abbestellungs“-Forum" der WAZ.
Inzwischen sind die Stimmen der unzufriedenen Leser auch in die Mittags-Konferenz der Zentralredaktion gedrungen. Ein Kollege berichtete vom Dienst an der Leser-Hotline. Hauptthema der Anrufer: Klagen über die neue Vest-„"Lokal“"-Ausgabe. In der Konferenz wurde auch berichtet, dass allein am ersten Wochenende der neuen Ausgabe über 300 Abo-Kündigungen eingegangen sein sollen. Inzwischen dürfte die Zahl einen vierstelligen Bereich erreicht haben.

WAZ Euro-Newsdesk

(Archiv: 16. Januar 2007)

(Nachrichten-)Tischlein deck dich, aber bitte crossmedial!

Weit weg von der Provinz des nördlichen Ruhrgebietes tut sich etwas für WAZ-Verhältnisse revolutionäres. Die Mediengruppe baut in Brüssel eine europäische WAZ-Union auf. Die EU-Korrespondenten aus sämtlichen WAZ-Zeitungsländern (Deutschland, Österreich, Ungarn, Bulgarien, Kroatien, Rumänien, Serbien, Montenegro und Mazedonien) sollen in einem gemeinsamen Büro zusammengefasst werden und gemeinsam an einem europäischen Newsdesk arbeiten.
Schon im Herbst wurde WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz geradezu euphorisch, wenn er über das Projekt sprach. Nur die Besten aus jedem Land sollen aus dem Herzen Europas berichten. Er könne sich sogar vorstellen, in der WAZ den Bericht eines NRZ-Kollegen zu veröffentlichen. Das kommt, wenn man die scharfe hausinterne Abtrennung zwischen beiden Blättern kennt (Es gibt sogar NRZ-Kollegen, die nie einen WAZ’ler grüßen würden, ehrlich!), einer Revolution gleich.
Zwölf Redakteure soll das Brüsseler Büro an einem Nachrichten-Tisch vereinen, sogar auf die interne Amtssprache Englisch soll man sich schon geeinigt haben (dann heißt es wohl korrekt Newsdesk).
Wie man hört, soll Kooperation ganz groß geschrieben werden, es sollen in der Nachrichten-Küche sogar gemeinsam Artikel, pardon Storys, entwickelt werden. (Wenn das in Brüssel klappen sollte: Glückwunsch! – Im Lokalen gelingt das nur in den seltensten Fällen).
Wenn das gemeinsame Büro höchstwahrscheinlich am 15. Februar bezogen wird, soll es auch gleich zweigleisig arbeiten: Print und Online sollen gleichzeitig bedient werden. Ob es noch weitere „crossmediale“ Ergänzugen gibt, das drang bisher noch nicht in die Niederungen der Ruhrgebiets-Redaktionen vor.

Zukunft an der Spree - alles Klar

(Archiv: 15. Januar 2007)

Wer einmal einen (tele)visionären Blick in die Zukunft werfen will, sollte einmal einen Spreeblick wagen. Medienkritik erster Klasse!
Ich bin schon gespannt, wann es die ersten Exklusiv-Interviews mit Natascha Kampusch Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar zu lesen gibt.

Modell Recklinghausen

(Archiv: 14. Januar 2007)

Ab Montag (15. Januar) wird im Bereich Ostvest eine ganz andere WAZ in die neue Woche starten. Zumindest die Leser der bisher sechs Lokalteile des Gebietes werden sich an ein völlig verändertes Blatt gewöhnen müssen. Ob das nun, wie vielfach hausintern propagiert wurde, die "Lokalzeitung der Zukunft" sein soll, mögen die Leser selbst entscheiden. (Ich bin gespannt, wie zum Beispiel Jens als Ex-Olfener das Projekt beurteilt.)
Zwar geisterten in den letzten Wochen schon einige Recklinghausen-Nullnummern durch das Haus, auf meinem Schreibtisch ist leider keine gelandet. Kollegen kommentierten die Probeausgaben mit „ganz anständig“ oder „nicht schlecht gemacht“.
Die Motivation, mit einem solchen „zukunftsweisenden Experiment“ auf den Markt zu gehen, sind meiner Meinung nach ganz profaner Art: es waren rein ökonomische Gründe. Man hat im Ostvest als WAZ gegen die etablierten Heimatblätter nie wirklich einen Fuß auf den Boden bekommen.
Chefredakteur Reitz erklärte dazu vor kurzen sinngemäß, dass es ein Fehler gewesen sei, vor rund 20 Jahren dort überhaupt anzutreten. Dieser Fehler müsse jetzt korrigiert werden. Während ich persönlich diesen (wie jeden anderen) Rückzug bedauere, muss ich allerdings positiv anmerken, dass trotz der erheblichen Einsparungen (vorher rd. 60 Redakteure vor Ort, jetzt 25 Redakteure am Newsdesk in Recklinghausen) keine Planstelle gestrichen wurde und kein Kollege arbeitslos geworden ist. Deshalb blieb wohl auch der große Protest des Betriebsrates aus, als die Recklinghäuser Pläne vorgestellt wurden.
Natürlich ist es mit Belastungen verbunden, sein gewohntes redaktionelles Umfeld zu verlieren, aber der Bezug von ALG I ist doch wohl ein einschneidenderes Erlebnis. Sicher gibt es an unserem Haus immer viel zu meckern, aber wenn ich mir ansehe, was für Folgen es bei anderen Verlagen hat, wenn sie sich aus Gebieten zurückgezogen haben, da geht es uns doch Gold. Ich kann mir vorstellen, dass Kollegen den Ruhrnachrichten da andere Gefühle gegen ihren (Ex-)Verlag hegen.

Online first? (Schüsse aus Bayern)

(Archiv: 12. Januar 2007)

Peng, jetzt hat es uns wieder erwischt! Nachdem sich die Aufregung um die bloggende WAZ (Wurst-Kisten-Szenario) nach fast einem halben Jahr fast gelegt hat, pfeifen den Kollegen jetzt wieder Kugeln um die Ohren. Abgeschossen werden sie in der bayerischen Provinz, genauer gesagt im Stadtpalais von Don Alphonso. Echauffierte er sich im Sommer 2006 darüber, wie die Kollegen ihre Blogs befüllten, nimmt er nun daran Anstoß, dass sie es für einige Zeit nicht getan haben. „Blogleichenschau“ nennt der nach der StudiVZ-Krimi-Serie von mir hoch geschätzte Don (ehrlich, nicht geschleimt) die Betrachtung der Essener Lokalblogs (über Freundinnen will ich mich nicht äußern, weder lese, noch habe ich sie).
Sonst durchaus der ziselierten Fabulierens mächtig, bleibt er in diesem Falle seltsam platt. So wird jedes Blog, das nicht mindestens im Wochentakt bedient wird, platt-geschrieben, wenn diese Plattitüde erlaubt ist. Wenn man sich die lokale WAZ-Bloggeria en detail ansieht, kann ich Don nur zum Teil Recht geben. Vielleicht hilft ein etwas hintergründiger Blick, das in Bayern konstatierte Erlahmen zu verstehen.
Motor der Essener Blogs ist der im Juli an der BlogBar abgewatschte Kollege Kassner. Er organisiert die Blogger, versucht die ausgewiesenen Blog-Azubis zu motivieren, überwacht die besonders bei der „Museumsleiterin“ oft heiklen Kommentare, produziert im Print die regelmäßige lokale Online-Seite und, da war doch noch etwas, ...arbeitet als ganz normaler Lokalredakteur.
Noch hat sich bei den Führungskräften der Lokalredaktion kein rechtes Online-Bewußtsein entwickelt, so dass Kollege Bernd die ganzen digitalen Dinge des Lebens quasi „nebenher“ erledigen muss. Da bleibt nicht mehr allzu viel Zeit für das eigene Blog. Auch Redakteure sind ganz normale Tarifangestellte und es steht ihnen ein entsprechender Urlaub zu. Den trat Kollege Kassner in der ersten Dezemberhälfte an, um kurz nach Urlaubsende krank zu werden (was er bis heute noch ist). Ok, den geneigten Online-Leser interessiert das nicht, warum es weiße Flecken im Blog gibt, es musste aber hier mal gesagt werden.
Soll ich weitermachen? Gut! Peter Marnitz ist derjenige, der den Online-Beauftragten Kassner im Falle des Falles vertritt. Was das bedeutet: s.o. Auch er macht das so „nebenher“ und produziert „hauptberuflich“ eine eigene Stadtteil-Ausgabe der WAZ. Klar, auch das interessiert den Leser nicht, er sieht nur die Löcher... aber auch das musste hier einmal gesagt werden.
Kommen wir zum dritten bloggenden Redakteur: Wulf Mämpel. So ganz unter uns: Die Lücke, die er in der Blogosphäre hinterlassen hat, ersetzt ihn vollkommen. Nur Chat Atkins vermisste bisher den Blogger des Jahres. (Danke noch einmal für Deine orgelnde Lupus-Beschreibung, wir haben Tränen gelacht!)
Nun, wen zählt Don Alphonso noch zur Lokal-Crew? Ursula Hickmann ist eine nette Dame mit viel Freizeit und viel Engagement. Sie hat schon viele Zeilen in der Printausgabe gefüllt – als Leserbrief-Stammschreiberin. Zugegeben, das kann man aus dem fernen Bayern nicht so genau sehen ... aber auch das musste mal gesagt werden.
Und damit mich der Robert nicht wieder beim Lamentieren erwischt, höre ich auch schon mit dem Entschuldigen Erklären der WAZ-Essen-Blog-Winterpause auf. Aus seiner Sicht hat der Don schon recht, Blogs brauchen Kontinuität (Danke, dass Du nicht auch noch meine Schaffenspause unter Beschuss genommen hast). Aber auch bin mir sicher, dass ich nicht ganz verkehrt liege.
Es läuft doch wohl darauf hinaus, dass Online endlich auch in den Lokalredaktionen ankommen muss. Es geht einfach nicht, dass alle digitalen Aktivitäten (Foren, Blogs etc) von Freiwilligen so nebenher bedient werden. Der geplante große Auftritt des Lyssa-Projektes darf nicht bei Westeins halt machen. Wenn die Lokalredaktionen ein Fundament des Webauftritts werden sollen, dann bitteschön schafft auch die personellen Möglichkeiten. Die beiden Kollegen hätten sicher gern mehr Zeit, die Lokalredaktion digital zu vertreten. Wenn es beim Blog- oder Forenlesen dann heißt „Du hast ja nichts zu tun, du surfst doch nur rum, schreib leiber noch mal schnell die Meldungsspalte voll...“, dann merkt man noch immer, dass „online“ noch lange nicht in der Lokalredaktion angekommen ist.
Ich glaube meinem Chefredakteur, dass er es mit dem „online first“ ernst meint. Aber er sollte das den Fürsten im Lokal-Bereich auch einmal ganz deutlich klarmachen. Sonst funktioniert das nicht mit der lokalen Basis bei Westeins. Oft verwechseln die lokalen Redaktionsleiter online noch mit „langer Leitung“, die sie in diesem Bereich selber haben.

WESTEINS bloggt (update)

(Archiv: 11. Januar 2007)

Beinahe hätte ich es übersehen: Das erste Westeins-Blog ist da! Keine geringere als „KBorchert“ hat die ersten Beiträge verfasst. Wenn das kein prominent besetzter Start ist!
Aber Ironie off, Stellenanzeigen als Blog anzulegen, wenn Blogger gesucht werden, das hat wenigstens begrenzten Witz. Was leider bisher noch nicht das Licht der WAZ-Welt erblickt hat, ist ein eigenes hausinternes Mitarbeiter-Blog, wie ich es schon gefordert habe, als es das WAZsolls-Blog noch gar nicht gab. Da hat man schon eine kommunikative A-Bloggerin im Hause – und nichts passiert. Wäre doch schön, wenn man an der Sachsenstraße (WAZ-Sitz) eine eigene Blog-Spielwiese bekäme.
Aber, wie ich das Haus kenne, waren es sicher wieder unüberwindliche Hard- und Software-Hürden, die die Idee zum Scheitern brachten. Schade eigentlich. Auch mit dem Wissen, dass man sicher beim internen Bloggen vorsichtiger formulieren würde, ist das eine nicht genutzte Chance der Mitarbeiter-Kommunikation.

Update: Kurz nach Erscheinen einiger Beiträge zum Westeins-Blog, in denen man zum Beispiel das Fehlen der Kommentar-Funktion bemängelte, wurde die Möglichkeit in Essen freigeschaltet. Ist schon komisch, Stellenausschreibungen als Blog und dann dazu Bewerbungen als Kommentare. Ein echter Innovations-Schub!

Bitte warten! Tücken der Technik

(Archiv: 10. Januar 2007)

WAZsolls gibt es doch noch!


Nein, meine Identität ist noch nicht aufgedeckt worden, ich arbeite immer noch in der dritten Etage des Zeitungshauses WAZ. Unter mir (natürlich rein räumlich) arbeitet auch weiterhin Katharina Borchert und kämpft mit den Tücken der Technik, um endlich unserem Unternehmen ein Plätzchen in der schönen neuen Web2.0-Welt zu sichern.
Wie man so hört, oder einem "Ondit" zu Folge soll sich der Starttermin für Westeins weiter verzögern. Während die Bewerber um die angeblich über 20 Online-Redakteursstellen endlich ihre ersten Runden auf dem Westeins-Trainingsplatz drehen wollen und sehnsüchtig auf Post aus der Personalabteilung warten, soll es die Technik schwer haben, passende Renn-Schuhe zu finden. Fast täglich muss sich die Content-Managerin, die inzwischen sogar eine Sekretärin hat, auf die Socken machen, um immer wieder neue Löcher zu stopfen. Aus dem Sprint scheint ein Marathon zu werden. Es ist halt nicht so leicht, aus dem Stand ein so komplexes Projekt auf die Piste zu bringen.
Wer hier im Haus als Print-Redakteur einmal Probleme mit seiner Soft- und Hardware hatte, kann nachvollziehen, was da von der Westeins-Mannschaft gestemmt werden muss. Wie spottete doch neulich ein Kollege: „Die WAZ ist eine große Behörde, die nebenbei auch noch eine Zeitung herausgibt“ Seine Geschichte über den Austausch seines Handwerkszeugs, einem Feld-, Wald- und Wiesen-Computers klingt so unwahrscheinlich, dass sie einfach stimmen muss.
Kurz bevor am 22. Dezember in den Urlaub ging, verabschiedete sich auch sein PC mit einem blauen Bildschirm vom Dienst. Das wurde noch kurz vor Feierabend dem User-Help-Desk (so heißt hier tatsächlich die technische Hilfe) gemeldet und ab ging es in den Urlaub.
Zwei Wochen später saß der Kollege wieder gut erholt an seinem Arbeitsplatz – und blickte auf den blauen Bildschirm! Alle Faxe, Mails und Anrufe der Kollegen während seiner Abwesenheit hatten nichts bewirkt, kein Techniker hatte sich mit heilenden Händen dem kranken PC genähert. Erst ein Anruf bei einem „Hilfs-Tisch“-Vorgesetzten brachte die Sache ins Rollen, der „Vorgang“ wurde herausgesucht und die für den Service zuständige Fremdfirma informiert. Knapp sechs Stunden später stand ein freundlich lächelnder Techniker in der Redaktion, schloss das neue Gebraucht-Gerät an – und raufte sich die Haare: Auch der Austausch-PC war defekt.
„Ich könnte Ihnen jetzt sofort einen neuen Rechner anschließen, aber das geht leider nicht, da die WAZ-Buchhaltung nicht mehr besetzt ist. Die müssen das neue Teil nämlich ausbuchen, sonst bekomme ich das nicht aus dem Lager“, bedauerte der PC-Experte: „Morgen ist ja auch noch ein Tag!“ Der Tag kam, und mit ihm gegen zehn Uhr ein leicht verschrammter Austausch-Rechner.
Doch mit Windows allein lässt sich keine Zeitung machen – jetzt musste „nur“ noch die Software per Fernwartung aufgespielt werden. Das klappte für WAZ-Verhältnisse blitzschnell – schon fünf Stunden später konnte es ans Werk gehen. In der Zwischenzeit hatte sich der Kollege mit seinem privaten Laptop beholfen. Sein trockener Kommentar dazu: „Gut, dass ich nicht in einem WAZ-Stahlwerk arbeite. Da hätte ich dann meinen eigenen Hochofen mitbringen müssen!“ Da kann man nur hoffen, dass die Westeins-Kollegen ihre Probleme schneller gelöst bekommen.

Gruscheln II, oder es kann nur besser werden.

(Archiv: 25. November 2006)

Das ist ja wirklich ganz großes Kino, was da an der Blogbar zur Zeit in Sachen StudiVZ abgeht. Keine dezente Barmusik, eher dröhnende Paukenschläge.
In diesem Zusammenhang möchte ich höflich darauf hinweisen, dass zumindest ein bloggender WAZ-Redakteur inzwischen mitgekriegt hat, dass die StudiVZ-Lobhudelei in der Printausgabe nicht so ganz die Realität der studentisch platten Form widergegeben hat. Warum dieser Beitrag allerdings nur in den "Essener Stadtansichten" versteckt wird, kann ich mir nur mit der dezentralen Blogbefüllung erklären.
Warum allerdings die Online-Redaktion, deren Chefin in dieser Szene einen guten Ruf genießt, offensichtlich kein Ohr im Bloggersdorf hat, ist mir schleierhaft. Ich meine, man kann an diesem Fall nicht so einfach vorbeigehen und nur DPA auf der WAZ-Eingangsseite präsentieren.
Da kann man nur hoffen, dass sich etwas tut, wenn der neue Online-Auftritt der WAZ das Licht der Welt erblickt. Wie man hört, wird jetzt nicht mehr konkret der 1. März als Starttermin genannt, jetzt ist nur noch vom Frühjahr die Rede. Während sich auf der Baustelle für den Online-Newsdesk im Erdgeschoss des Verlagshauses II an der Friedrichstraße noch nichts Sichtbares tut, ist die interne Ausschreibung für die zukünftige Newsdesk-Besatzung jetzt abgelaufen.
Schöne neue Welt: als eine der ersten Ausschreibungen im Hause wurde die Stellenbeschreibung auch im WAZ-Intranet veröffentlicht - und man konnte sich sogar online bewerben. Über die Resonanz auf die angebotenen Stellen für Online-Redakteure/innen ist noch nichts bekannt.

Gruseln statt Gruscheln

(Archiv 20. November 2006)

Zack, das hat gesessen. Da habe ich es als WAZler gewagt, einen Kommentar zur StudiVZ-Debatte abzugeben - und schon kam es knüppeldick. Ich solle mich mal schön zurückhalten, schließlich habe in der WAZ ein grottenschlechter und komplett unkritischer Artikel über die Datensammelstelle von Esshan Dariani gestanden.
Das stimmt, die Geschichte war aber auch so etwas von liebedienerisch, sie hätte auch aus einer edelmannschen Feder stammen können. Und das als hier und hier und anderswo die StudiVZ-Fassade eingerissen wurde. Nur, liebe Scharfschützen, mich hat das WAZ-Werk auch als Leser erwischt, ich kenne noch nicht einmal die Autorin persönlich. Ich bitte also, mich aus der WAZ-Kollektivhaft zu entlassen.

Es ist wirklich zum Gruseln (nicht Gruscheln)

Fürchtet sich wirklich jemand vor Onruhr?

(Archiv: 20. November 2006)

Mit einem Paukenschlag sollte sie beginnen die Online-Zeitungszukunft im Ruhrgebiet. Aktuell, gründlich recherchiert und ausführlich, so kündigte sich Onruhr nicht nur in Newslettern an. Auch im Interview mit Jens im Pottblog versprach Onruhr-Chef Uwe Knüpfer viel – zu viel, wie ich (bis jetzt) meine. Einmal abgesehen vom Format und seinen noch nicht bewältigten Tücken wurde für die Inhalte der PDF-Zeitung eine große Erwartungshaltung geweckt.
Aus eigener Betroffenheit als WAZ-Lokalredakteur war ich natürlich besonders gespannt auf die Onruhr-Lokalteile. Nun ja, den Plural kann ich erst einmal zurückziehen, denn auf dem Markt sind bisher nur Essener Seiten.
Wenn das Onruhr-Archiv wirklich alles gespeichert hat, fand die Premiere für den Essener Lokalteil erst am Samstag mit einem Aufmacher statt, der alles andere als aktuell war. Unter der Headline „Essen ist unser“ mit Teilerfolg wird über den Zwischenstand einer Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren berichtet. Über einen ähnlichen Wissenstand verfügen die Leser der Essener WAZ-Lokalausgabe bereits seit dem 17. Oktober.
Eigentlich konkurrenzlos ist die Onruhr-Sonntagsausgabe am einzig WAZ-freien Wochentag. Und mit welcher heißen Neuigkeit will Onruhr für Gesprächsstoff in der Ruhrmetropole sorgen? Nun ja, das Bild eines Gasherdes mag ja vielleicht erwärmen, die dazu gehörende Story ist alles andere als heiß, sie ist lediglich aufgewärmt. Über den zornigen Stadtwerke-Kunden, der Mitstreiter für eine Klage gegen den Gaslieferanten sucht, wurde in der WAZ-Essen bereits am 5. Oktober berichtet, was Uwe Knüpfer bei einem Blick ins WAZ-Online-Archiv mühelos hätte recherchieren können. Und ob ein Schmuckbild, das die herbstliche Pracht im Grugapark zeigt, nun wirklich einer Online-Zeitung zur Ehre gereicht?
Auch heute setzt sich die Reihe der neuen „alten“ Nachrichten fort. Der Neubau des Folkwang-Museums ist ein alter Hut, der auch durch den Kommentar eines Lokalredakteurs, dessen Namen ich nicht im Impressum finde, nicht modischer wird. Zeitnäher ist da schon die Montags-Meldung vom Neubau des Protonen-Zentrums im Klinikum, über dessen ersten Spatenstich die WAZ-Leser am Samstag informiert wurden.
Es sei der Essener Onruhr-Lokalredaktion zugestanden, dass sie sicher noch mit Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hat und vielleicht das Team vielleicht noch nicht komplett ist. Aber die vor Wochen gestellte Frage „Wer fürchtet sich vor Onruhr?“ kann ich aus Essener sicht bisher eindeutig beantworten: Niemand!
Bis heute ist selbst das unrenovierte WAZ-Online-Angebot auf Essener Ebene um Stunden (oder sogar Tage und Wochen) aktueller als der Newcomer.

Franchise-Redaktion

(Archiv 14. November 2006)

Jens vom Pottblog hat gerade den zweiten Teil des Interviews mit dem ehemaligen WAZ-Chefredakteur und heutigen Onruhr-Chef Uwe Knüpfer ins Netz gestellt. Sehr lesenswert! Was mich beunruhigt ist eine Antwort zum Thema Redaktions-Gründung:
Uwe Knüpfer: "Wir entwickeln eine Art Franchise-Modell, das es einzelnen Journalisten - oder auch Teams, die sich zusammenfinden und ein Gesellschaft gründen - möglich macht, in ihrer Stadt ohne großen Kapitalaufwand aus dem Stand eine anspruchsvolle Lokalzeitung zu machen. Eigenverantwortlich, aber auf der Grundlage von OnRuhr festgelegter Grundsätze und Regeln."
Aus meinem täglichen Umfeld weiß ich, wie schwer es Freie haben, von den Früchten ihrer Arbeit zu überleben, von Leben kann nur in den seltensten Fällen die Rede sein. Wie sollen es dann freie Journalisten schaffen, Gesellschaften zu gründen und in das Knüpfersche Franchise-Modell einzusteigen. Da funktioniert meiner Meinung nach nur unter zwei Bedingungen.
Die erste Möglichkeit: Die Journalisten betreiben das als Hobby und sind nicht gezwungen von ihrer Arbeit auch leben zu müssen. Das halte ich für eher unwahrscheinlich, denn selbst Uwe Knüpfer kann sich auf die Dauer keine kreative Pause leisten, aber er hat ja, wie man hört, starke Partner im Hintergrund. (Es gibt zu denken, dass er schon im August dem RAG-Mitarbeiter-Magazin "Folio" [Seite 10] ein Interview gegeben hat.)
Damit wäre man bei der zweiten Möglichkeit. Die Franchise-Journalisten suchen sich im örtlichen Handwerk, Handel oder der Industrie starke Partner, die ihre Arbeit unterstützen und das mittelfristige Überleben der Redaktion sichern. Wie unabhängig dann die Berichterstattung ist, braucht man nicht mehr zu diskutieren. Der "Sponsor" dürfte vor kritischer Berichterstattung geschützt sein, von schleichender Werbung will ich gar nicht reden.
In diesem Zusammenhang wäre die Frage interessant gewesen, wer die Anschub-Finanzierung für Onruhr unterstützt hat.

Klassisch - ohne Moderne

(Archiv: 13. November 2006)

Ach Uwe, bist Du jetzt schon bei den digitalen Drücker-Kolonnen für "Onruhr"?

...Seit heute läuft unsere Aktion „Leser werben und gewinnen“. Sie funktioniert so: Sie als onruhr-Leser der ersten Stunden machen möglichst viele Freunde, Bekannte, Kollegen, Verwandte auf onruhr aufmerksam und bitten sie, sich auf onruhr.de als Leser zu registrieren. Dabei geben die neu Geworbenen im Feld „Wie sind Sie auf onruhr aufmerksam geworden?“ Ihren Namen oder Ihre e-mail-Adresse an. Am Ende jeder Woche - erstmals am 17. November 2006 - schenken wir dem erfolgreichsten Werber der Woche zwei Eintrittskarten für den Mondpalast in Wanne-Eickel. (Wer den Mondpalast nicht kennt: es ist DAS Volkstheater des Reviers.) Unter den neu geworbenen Lesern verlosen wir zwei weitere Karten. Und noch mal zwei Karten verlosen wir jede Woche unter allen bis dato registrierten Lesern. ...Bleiben Sie onruhr! Einstweilen und bis bald
Mit herzlichen Grüßen
Uwe Knüpfer

Dieser "persönliche Brief" landete vor einigen Tagen in meiner Mailbox und soll für die pdf-Online-Zeitung Onruhr werben, die noch vor dem WAZ-Online-Relaunch an den Start geht.
Wie man schon jetzt sieht, wird alles ganz "klassisch" und es fehlt die Moderne. Deshalb wird dieser Stil offensichtlich auch bei der Abo-Werbung beibehalten, statt Kaffee-Maschinen gibt es allerdings Theaterkarten aus Herne, der Heimat des Onruhr-Chefredakteurs Uwe Knüpfer, der sich Jens vom Pottblog zum ausführlichen Interview gestellt hat.
Dabei hat mein ehemaliger Chef großzügig den Mantel des Vergessens über seinen Abgang bei der WAZ gebreitet. Man erzählt sich, dass man ihm zum Beispiel die Leitung des neuen internationalen Korrespondenten-Büros der gesamten WAZ-Gruppe (incl. Südost-Europa) in Brüssel angeboten habe. Dort hätte er nach seiner Nichtverlängerung des Chefradakteurs-Vertrages ohne Gesichtsverlust einen Neuanfang machen können. Knüpfer soll dieses Angebot vehement abgelehnt haben. Wie gesagt, so erzählt man es sich auf den WAZ-Fluren (Für die Richtigkeit also keine Gewähr).
Viele Freunde hat Knüpfer noch bei den alten Männern politischen "Entscheidungsträgern" des RVR. Als er kürzlich dort sein Onruhr-Konzept vorstellte, klopfte man ihm kräftig auf die Schultern und versicherte Unterstützung.
Ich bin sehr gespannt auf den zweiten Teil des Knüpfer-Interviews beim Pottblog.

Blogger Lupus oder print to net

(Archiv: 11. November 2006)

Er hat es wieder getan, beziehungsweise tun lassen. "Lupus" Wulf M. lässt seine salbungsvollen Wochenend-Kommentare (Print-Erscheinungsdatum WAZ-Essen Samstagsausgabe) jetzt schon freitags in das Blog der Lokalredaktion stellen (Gut unterrichtete Quellen wissen, dass er noch nicht einmal sein Passwort zum Einloggen in das Blog-Redaktionssystem kennt).
Einige seiner "Stammleser" versuchen, den Chefblogger in ihren Kommentaren davon zu überzeugen, dass das Kopieren von Zeitungstexten noch lange kein Bloggen ist. Vergebliche Liebesmüh, Lupus liest die Essener Blogs nicht, noch nicht einmal die Kommentare zu seinen eigenen Beiträgen.
Das ist zwar alles nicht neu, treibt einen aber immer wieder zur Verzweiflung. Vielleicht kann die Online-Chefin dem Lokalchef einmal zwanglos in der Kantine erklären, was ein Blog ist. Lyssa hilf!!
Ich unterstütze den Vorschlag von Chat Atkins in Sachen Blogger des Jahres! Lasst uns den Sargnagel schmieden!

Rheinskaja Gazeta

(Archiv: 8. November 2006)

Nun habe ich mich gerade daran gewöhnt, dass Denglish bei uns Einzug gehalten hat, da kann ich mir schon wieder neue Wörterbücher anschaffen. Russisch wird wohl demnächst auf dem Ausbildungsplan der Volontäre stehen, wenn ich einer Meldung in der „Welt“ –Printausgabe glauben schenken soll.
Dort (und nicht in unserem Blatt) wird vermeldet, dass die WAZ-Gruppe zusammen mit dem Berliner Verlag ReLine Medien die Herausgabe einer russischsprachigen Zeitung plant. „Rheinskaja Gazeta“ soll das Blatt heißen, das zunächst in NRW erscheinen soll.
Da werde ich wohl demnächst meine Abende in der Russendisko verbringen, um für alle beruflichen Eventualitäten gerüstet zu sein.
Wenn man die russische Standfestigkeit in Alkoholfragen kennt, kommt natürlich die Frage auf, wie sich die neuen Redaktionen in unserem seit Jahren staubtrockenen Haus einleben sollen. Hier gilt nämlich striktes Alkoholverbot, auch für Wodka.
Nasdarowje!

Adieu Chefredakteur

(Archiv: 8. November 2006)

Eine neue Zeit gebiert auch neue Wortschöpfungen, damit muss man jetzt auch bei der altehrwürdigen WAZ leben. War die Welt bisher in Chefredakteure, Ressortchefs (natürlich auch Chefinnen), Lokal-Redaktionsleiter(innen) und das arbeitende Volk eingeteilt, ist jetzt im Online-Bereich die Denglish-Moderne eingezogen.
In einer Meldung am schwarzen Brett (bald sicher Info-Board) firmiert Katharina Borchert jetzt als „Generalmanager Content“ bei der WestEins GmbH & Co. KG. Ich bin mal gespannt, wie lange ich noch Lokalredakteur bleibe. Vielleicht schreibt hier ja bald ein „Local News Assistent“ oder „Local Crossmedia Writer“.

WAZ kauft Blocks auf

(Archiv: 6. November 2006)

Erst durch den Spreeblick bin ich darauf gestoßen worden, dass nicht nur führende elektronische Multiplikatoren, sondern auch die WAZ schon seit Jahren mit ihrer Marktmacht einem Trend gefolgt ist, und zwar bevor es ihn überhaupt gab.
So lange ich mich erinnern kann, und das ist schon ganz schön lange (eigentlich noch länger), hat mein Arbeitgeber still und heimlich Blocks gekauft. Ohne dass es selbst gut informierte Markt-Analysten so recht zur Kenntnis nahmen, sicherte sich der Konzern viele tausend Einheiten.
Bis heute ist die Einkaufswelle nicht abgeebbt, es sind, so unbestätigte Quellen aus der Einkaufsabteilung, sogar aktuell Steigerungsraten zu verzeichnen.
Zur Zeit sind es vorwiegend Steno-Blocks mit Spirale (DIN A4, 40 Blatt, Öko-Sortiment), die die Krake (so die Bezeichnung für die WAZ, als sie nicht nur Blocks, sondern auch andere Zeitungen kaufte) in ihr Portfolio integriert.
(Danke Spreeblick für die gute Idee!)

Gewinn-Aussichten

(Archiv: 2. November 2006)

Die Idee, jetzt noch (oder schon?) auf den Web2.0-Zug aufzuspringen, wurde bei der WAZ bestimmt nicht ausschließlich aus publizistischen Gründen geboren. Die Aussicht auf gute Geschäfte hat bisher jede wesentliche Entscheidung des Hauses angetrieben.
Dass der ins Visier genommene Online-Werbekuchen zwar wächst, aber noch nicht mit den Wachstumszahlen der Internet-Nutzer mithalten kann, hat Robert Basic herausgearbeitet.

Crossmediale Einzelfälle

(Archiv: 31. Oktober 2006)

Die Navigation war, wie bei der WAZ üblich, eher unbequem, die Ankündigung eher gut versteckt, Web0.5 eben. Trotz aller Awareness-Bremsen verliefen sich immer noch vier echte Leser (und ein mit seinem Privat-Account mitfragender Redakteur) in den ersten Online-Chat der Lokalredaktion. Das ist eigentlich nichts ungewöhnliches, eher schon old fashioned, zeigt aber wie bemüht einzelne Kollegen sich in die Online-Welt stürzen.
Treibende Kraft in der Essener Lokalredaktion ist dabei der im Netzt als „katholischer Herbergsvater“ bekannt gewordene Bernd Kassner. Er und vielleicht noch sein Kollege Peter Marnitz sind die einzigen unter rund einem Dutzend lokalen Essener Print-Redakteuren, die sich bisher nenneswert im Online-Bereich engagiert haben. Wohlgemerkt, beide zusammen haben den 100. Geburtstag schon hinter sich.
Und der Rest? Zugegeben, die meisten haben sich von der crossmedialen Zukunftsperspektive ihres Chefredakteurs zwar bei der Betriebsversammlung beeindrucken lassen, sind danach aber wieder in den alten Print-Trott verfallen.
„Der Kassner macht einen Chat?“
„Na, soll er doch, ich hab besseres zu tun.“
Da werden Reitz und Borchert noch viel zu tun bekommen, um aus dieser Mannschaft ein Team crossmedial denkender und handelnder Redakteure zu machen. Wenn ich dabei an den Nachwuchs denke, für den Online „igitt“ bedeutet, na dann noch viel Spaß!

PS. Ich bin entgegen anderslautenden Behauptungen nicht Bernd Kassner und heiße natürlich nicht Katharina!

...und jetzt etwas ganz anderes. (update)

(Archiv: 30. Oktober 2006)

Hat eigentlich schon mal jemand einen Orden oder ein Ehrenzeichen für seine Bloggerei verliehen bekommen? Oder vielleicht auch nur eine kleine Ehrenurkunde? (Ich meine natürlich nicht Medienpreise wie Grimme, Deutsche Welle u.a.)
Heute trifft es in meinem Umfeld einen Kollegen, der sich selbst Blogger* nennt. Papst Benedict himself soll verantwortlich dafür sein, dass Lokal-Chef-Blogger Mämpel ab heute schwer an einem kirchliche Ehrenkreuz zu tragen hat. Wenn man bedenkt, dass Benedicts Homepage gar nicht so schlecht ist, kann ich die Auszeichnung für den evangelischen Lokalchef nicht ganz verstehen.
Ok, ich hab mir noch einmal die Texte des Kollegen angesehen und jetzt ist mir klar: Er erhält die Auszeichnung trotz der vielen Phrasen, die er für Blog-Beiträge hält. Es war eben nicht Webmaster Ratzi, sondern das taktisch denkende Bodenpersonal, das den Preisträger ausgeguckt hat.
* Die Blogbeträge erscheinen vorher immer samstags als Wochen-Kommentare und werden später von Bernd Kassner aus dem Redaktionssystem ins WAZ-Blog umgehoben. Ob der katholische Kassner für diesen Frevel einmal in der (Blogger-)Hölle schmoren muss??

Update: Hier dankt der Geehrte in knappen Worten.

Den Schleier lüften ( ein bisschen)

(Archiv 27. Oktober 2006)


Ob es wirklich alle Zweifler an der schönen neuen WAZ-Online-Welt überzeugt hat, ich weiß es nicht. Zumindest sind einige, die vorher das ganze Internet-Dingsbums nicht ernst nahmen, ins Grübeln gekommen. Von „höchster“ Stelle bekamen in dieser Woche die Print-Kollegen zu hören, an welch großem Rad die WAZ-Gruppe in Sachen Web 2.0 drehen wolle. Gleich im Doppelpack traten Westeins-Chefredakteurin Katharina Borchert und WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz in der Betriebsversammlung auf, um ein kleines bisschen den Schleier des Geheimnisses vom noch im Bau befindlichen Internet-Projekt der WAZ-Gruppe zu lüften.
Das Ganze genieße, so Reitz, bis in die beiden Eigner-Familien höchste Priorität und es werde (ungewohnt für die als knauserig bekannte Gruppe) „richtig viel Geld“ in die Hand genommen. Ziel sei es, die regionale Kompetenz des Zeitungshauses im WWW zu repräsentieren und das Ruhrgebiet zu vernetzen. Das sei ein bisher einmaliges Projekt. Man habe nicht Spon im Auge, sondern wolle etwas völlig neues schaffen.
Der Westeins-Chefin war es vorbehalten, die Begeisterung mit ein paar Kernfakten zu untermauern. So soll das „einmalige“ Web-Gebilde, das als Portal der vier Gruppen-Zeitungen (WAZ, NRZ, WR u. WP) dienen wird, von drei Säulen getragen werden.
Die erste Säule soll mit größtenteils selbst produzierten Nachrichten gefüllt werden. Schwerpunkte seien dabei regionale und lokale News.
In der zweiten Säule sollen die verschiedensten Web-Formate vom Podcast bis zum Blog zu finden sein.
Das dritte tragende Element wird von der Westeins-Chefin schlicht als Community –Bereich geplant.
Unbedingt gewollt sei die enge Verzahnung von Print und Online. So werde zur Zeit ein Newsdesk geplant, der auch räumlich nah am Zeitungs-Pendant angesiedelt werden soll. Entsprechende Raumpläne kursieren schon in der Chef-Etage.
Während die regionalen und überregionalen Nachrichten-Seiten vom Online Team (dessen Größe noch nicht feststeht) gefüttert werden, sollen die Print-Lokalredaktionen aus ihren Bereichen die digitalen News beisteuern.
Ja macht sich dann der gedruckte Lokalteil so nicht auf lange Sicht überflüssig? Eine Frage, die viele Kollegen beschäftigt. Nein, im Gegenteil, versuchte Online-Chefin Borchert einem besorgten Lokal-Redakteur den Wind aus den Segeln zu nehmen. Es sei geplant, nicht mehr wie bisher, die Print-Artikel 1 zu 1 ins Netz zu stellen, sondern lediglich kurze Anreißer mit Hinweis auf die Druckausgabe zu veröffentlichen.
Nun ja, das klingt erst einmal beruhigend und ich sehe keinen Grund zu jammern oder zu schmollen. Wir werden mal sehen, was im Frühjahr 2007 dann das Licht der staunenden Online-Öffentlichkeit erblickt.

Aus zweiter Hand

(Archiv: 25. Oktober 2006)

Ich weiß nicht, ob es bei anderen Zeitungen auch so ist, aber bei der WAZ muss man schon andere Medien durchforsten, um etwas über das eigene Haus zu erfahren. Interne Kommunikation war noch nie die Stärke dieses Kommunikationsunternehmens. Auch im ersten Jahr der Reitz-Regentschaft hat sich da nicht viel geändert, über seine Ziele spricht der Chefredakteur dagegen gern außer Haus. So auch jetzt bei den Münchener Medientagen, wo auch der WAZ-Chef seinen Auftritt hatte.
Während Online-Chefredakteurin Katharina Borchert (auch in München dabei) in ihrem Blog nur beiläufig über die Visionen von Holtzbrinck-Geschäftsführer Prof. Michael Grabner berichtet, findet Reitz keine Erwähnung. Dabei saßen beide auf dem selben Podium, als es beim „Printgipfel“ um „Neue Wettbewerber, neue Produkte, neue Bedingungen“, sprich um die Zukunft der Zeitung ging.
Über die Zukunfts-Vorstellungen des regierenden WAZ-Chefredakteurs (Verabschiedung bei Volontären: „Ich muss jetzt regieren gehen.“) berichtet, so mein Informationsstand, halbwegs ausführlich lediglich „epd Medien“ (auch die WAZ zitiert Reitz) unter dem Titel „Seriöser Bürgerjournalismus ist möglich“. Dabei soll sich Reitz mit seiner „Bürger-Variante“ deutlich von den Boulevard-Zeitungen und ihren Paparazzi-Aktionen abgegrenzt haben. (Ich glaube ihm einfach mal, dass er das ernst meint und demnächst wirklich keine aufgestachelten WAZ-Leser-Reporter mit ihren Foto-Handys herumwedeln.)
Laut epd sieht er vielmehr Leser als mögliche „Trendscouts“, die der Zeitung rechtzeitig melden, wo die neuen Themen in der Stadt lägen. Da kann ich mir nur verwundert die Augen reiben, ob ich richtig gelesen habe. Lieber Chefredakteur: Auch in Lokalredaktionen gibt es Telefon, Fax und E-Mail und die Leser machen auch Gebrauch davon. Noch wichtiger ist der persönliche Kontakt, wenn man mit Block und Stift tatsächlich „in die Kundschaft“ geht. (Soweit der Arbeitsdruck das zulässt.) Selbst abends an der Theke (einer Ruhrgebietskneipe, nicht in einer trendigen Szene-Bar) bleibt bei einem Redakteur noch manches zwischen den Ohren hängen. Guter Lokaljournalismus, wenn man ihn engagiert betreibt, ist auch heute schon keine Einbahnstraße. Aber vielleicht muss ich mich ja gar nicht angesprochen fühlen und die „Trendscouts“ sollen den Mantelredaktionen auf die Sprünge helfen.
Alle Kollegen geht es allerdings an, wenn der Chef an die schöne neue Zeitungswelt denkt. epd: „Gleichzeitig müsse sich in den nächsten fünf Jahren das journalistische Berufsbild völlig ändern, forderte Reitz. Die Redakteure sollten jederzeit bereit sein, ,crossmedial’ zu denken und Ideen haben, wie sie ihre Neuigkeiten gedruckt, online und auf weiteren Wegen zum Publikum bringen...Reitz sieht den Zeitungsredakteur von morgen als ,Channel-Manager’ der mehrere Kanäle bediene und einen Kollegen, der eine Pressekonferenz besucht hat, noch vor der Mittagspause dazu bringe, zunächst ,160 Zeichen als SMS’ an die Abonnenten von Handy-Infodiensten zu senden.“ Wenn’s mehr nicht ist, auch das kriegen wir hin. Haben wir in den letzten Jahren schon gelernt, Setzer, Korrektoren und Layouter zu ersetzen, warum sollen wir nicht auch noch SMS-Dienste oder den Online-Bereich in die Redaktion holen.
Allein, das lässt sich nicht alles „mal eben mit links“ erledigen – zusätzliche Aufgaben kosten auch Zeit. Und Pressekonferenzen sind zumindest in der Lokalredaktion nicht der „Normalfall“ . Gute Geschichten brauchen sorgfältige Recherchen – die sind nicht in ein paar Minuten zwischen Online- und SMS-Dienst zu bewerkstelligen. Qualität (immer wieder von Reitz eingefordert) kostet vor allen Dingen Zeit. Gibt es eine gute Personalausstattung und ein vernünftiges Redaktions-Management, sehe ich hier keine Probleme.
Nicht ganz so sicher bin ich mir, ob alle Kollegen dem Innovationsdrang des Chefredakteurs folgen können und wollen. Ich behaupte, dass viele noch nicht einmal die bisher grottige WAZ-Homepage richtig wahrgenommen haben, geschweige die Online-Präsentation ihrer eigenen Artikel kennen. Blog, podcast oder community, alles böhmische Dörfer. Das ist, entgegen allen Vorurteilen, nicht vom Alter abhängig, denn der „crossmedialste“ Kollege, Bernd Kassner, zählt immerhin schon zur Generation der „Silversurfer“. Wenn es in der Reitz’schen Zukunft nicht lauter Heizer auf der E-Lok geben soll, ist noch ein hohes Maß an Überzeugungsarbeit nötig. „Crossmediales“ Denken kann man auch als „Regierender“ nicht anordnen.
Vielleicht wäre es in diesem Sinne hilfreich, das Mittel der internen Kommunikation besser zu nutzen. Ich träume da von einem hausinternen Blog der Chefredaktion. Da würden selbst manche Web-Ignoranten aus lauter Neugier lernen, mit dem ganzen ach so fremden Online-Dingsbums umzugehen.

Plätzchen

(Archiv: Oktober 2006)

Auch bei Zeitungen sind Abmahn-Anwälte nicht ganz unbekannt.
So erzählte mir ein Kollege von einem Gespräch zwischen Texter und Fotograf vor einigen Tagen, dessen Zeuge er auf dem Redaktionsflur wurde. Ich gebe den Dialog mal sinngemäß wieder.
Texter: „Ich brauche ein Foto von Zimtsternen.“
Fotograf: „Wieso denn das, wir haben noch keine Adventszeit?“
Texter: „Im Zimt ist so ein gefährlicher Stoff drin, da machen wir eine Story.“
Fotograf: „Ok, dann hole ich die Plätzchen eben schnell aus dem Supermarkt.“
Texter: „Auf gar keinen Fall!“
Fotograf: „Hääh?“
Texter: „Die großen Zimtstern-Hersteller haben sicher auch große Rechtsabteilungen. Wenn die ihre Plätzchen auf dem Bild erkennen, kann es teuer werden. Kauf lieber beim Bäcker an der Ecke lose Ware, der hat sicher keinen guten Anwalt.“
Das musste mal gesacht gesagt werden. Schließlich haben wir bald Nikolaus Stein....

Ab in die Wirtschaft

(Archiv: Oktober 2006)

Der Chef unserer Wirtschaftsredaktion wird ganz frech die WAZ verlassen. Wohin er geht? Natürlich in die Wirtschaft. Er wird wenige hundert Meter entfernt im RWE-Turm als Pressesprecher sein sicher weitaus höheres Gehalt verdienen.
Und wohin gehe ich als Lokal-Redakteur demnächst? Natürlich, ins Lokal. Nur wird das leider keine positiven Auswirkungen auf mein Gehalt haben.
Diesen Kalauer konnte ich mir hier nicht verkneifen

Nichts Neues aus der Tiefgarage

(Archiv: 17. 10. 2006)

Ich habe sie tatsächlich gesehen. So richtig leibhaftig, nicht virtuell, nicht auf Bildschirmgröße reduziert. Aus ihrer virtuellen Lounge mit dem immer fragenden Blick nach oben kannte ich Lyssa ja schon, nun ist mir Katharina Borchert im wirklichen Leben gleich mehrfach begegnet. Zugegeben, es waren nur flüchtige Begegnungen und das Erkennen war ziemlich einseitig. Recht flott strebte die Westeins-Chefredakteurin einem Ziel zu, das normalsterblichen WAZlern versperrt bleibt: Die Tiefgarage unter dem Verlagshaus I (die ja bekanntlich zu Lyssas ersten Spiel-Räumen bei der WAZ zählte) enthebt einen nicht nur der lästigen und zeitaufwändigen Parkplatzsuche in der chronisch verstopften Sachsenstraße, ein Platz im tiefen Keller dokumentiert auch, dass man in der WAZ-Hierarchie eine hohe Stufe erreicht hat. Da parkt man dann Seit an Seit mit Geschäftführern (die ihre Achtzylinder mit Niere oder Stern allerdings von ihren Fahrern in die engen Lücken rangieren lassen), Chefredakteuren, Abteilungs- oder Ressortleitern. Wer mit seiner Karosse in die Katakomben einfahren darf, hat es wirklich geschafft.
Hier spielt auch, anders als in der Blogosphäre, das Automodell keine Rolle. In den WAZ-Status-Charts ist der Tiefgaragenplatz wesentlich höher angesiedelt, als Zylinderzahl, Größe oder Marke. So ist es vielleicht verständlich, dass die neue Tiefplatzhalterin sich offensichtlich bei der Wahl ihres fahrbaren Untersatzes weiblich intuitiv entscheidet und jeweils das Fahrzeug dem jeweiligen Kleidungsstil anpasst. Jedes Mal, wenn sie an mir, der ich mich bei der Suche nach einem Halbwegs legalen Stellplatz schon lange in der Umlaufbahn befand, an mir vorbeirauschte, lenkte sie ein anderes Automodell. Vom flotten Audi TT bis zum schwachbrüstigen japanischen Kleinwagen reichte die Auswahl. Was muss es bei Borcherts für einen Fuhrpark geben!
Ebenso geheimnisvoll wie die Wahl ihrer Fortbewegungsmittel ist für den schreibenden Normal-Redakteur das, was am 1. März als das neue Online-Outfit der WAZ-Gruppe auf dem Web2.O-Laufsteg präsentiert werden soll. So interessieren sich schon seit Monaten die Betriebsräte der vier Zeitungstitel für das Online-Projekt. Am 18. September trafen sich die Mitarbeiter-Vertreter in großer Runde mit Katharina Borchert und Bodo Hombach – und erfuhren nichts Neues. In einem Betriebsrats-Info heißt es dazu nur: „Starten soll das neue Portal am 1. März 2007. Noch steht aber nicht endgültig fest, in welcher Form die einzelnen Titel hier erscheinen sollen. Offen gebliebene Fragen sollen in einem weiteren Gespräch im November erörtert werden.“
Vorher soll die Westeins-Chefredakteurin am 25. Oktober bei einer Betriebsversammlung der WAZ-Redaktionen (ZVR) Rede und Antwort stehen. Ich bin mal gespannt.
Auch der Blick in andere Medien, die manchmal besser über die Vorgänge hier informiert sind, trägt nichts zum Lüften des Westeins-Geheimnisses bei. So bringt einen die Rühr-Story über „Peitschen-Borchert“ in der taz auch nur zu der Erkenntnis, dass journalistische Qualität und Sachlichkeit bei diesem Blatt nicht immer die oberste Maxime zu sein scheinen. (Als eitler Schreiber sollte ich mich eigentlich über die Story freuen, trieb sie doch kurzfristig meine Zugriffszahlen in die Höhe) Viel lieber wüsste ich natürlich, was wir von Borcherts Projekt nun tatsächlich zu erwarten haben.

Wer fürchtet sich vor onruhr

(Archiv: 25. September 2006)

Still und geradezu heimlich verabschiedete sich Uwe Knüpfer von seinem Arbeitsplatz. Nur fünf Jahre lang besetzte er den Sessel des WAZ-Chefredakteurs, bevor er im Sommer letzten Jahres seinem Nachfolger Ulrich Reitz Platz machte. Schon kurz nach seinem Abtauchen sprach es sich herum, dass er Reitz und seinen engagierten Online-Plänen mit einem eigenen Projekt Konkurrenz machen wollte. „Onruhr“ tauften er und seine Geldgeber das, was sie sich so unter einer Online-Zeitung vorstellen.
Während WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach Blog-Ikone Katharina Borchert (Lyssa) in den Tanker ins Boot holte und mit einem Brain-Storming für Content in der Blogoshäre sorgte, ließ Knüpfer, der in seinem letzten WAZ-Jahr unter Ressortleitern und Lokalchefs nicht mehr viele Freunde hatte, nur einzelne Informationshäppchen in die interessierte Öffentlichkeit dringen.
Lokalteile in aller Ruhrgebietsstädten sollte sie haben, die neue Online-Zeitung, und lediglich einmal täglich aktualisiert werden. Letzteres wird als mutiger Schritt in Richtung Web0.5 in der Szene sicher für Lacher Diskussionsstoff sorgen.
Über die Geldgeber, Onruhr soll werbefinanziert sein, wird außerhalb des Projektes heftig spekuliert. Während des letzten Jahres seiner Amtszeit entwickelte Knüpfer gute Kontakte zum RAG-Konzern, mit dem er zusammen die WAZ-Werbekampgane für die Kulturhauptstadt-Bewerbung durchzog. Und ausgerechnet in „Folio“, dem RAG-Mitarbeiter-Magazin, erscheint jetzt auf Seite 10 ohne konkret genannten Bezug zum Technologie-Riesen ein Interview mit Knüpfer zum Onruhr-Projekt.
Seit dem 21. September hat Knüpfer nun das Tuch ein wenig gelüftet, Onruhr ist online, zumindest mit einer Titelseite mit einem „spannenden“ Thema aus der Schweiz, samt Kommentar des Chefredakteurs.
Wenn das die mit Spannung erwartete Konkurrenz zur Online-WAZ sein soll, bedarf es hier im Hause eigentlich keiner besonderen Anstrengungen mehr, dann kann sich Lyssa beruhigt zurücklehnen. Gegen Onruhr0.5 kann WAZ1.0 schon jetzt mithalten.
Offensichtlich sind die Onruhr-Server mit bisher durchschnittlich gut 1800 Seitenaufrufen täglich überfordert, denn der wohl interessanteste Link „Wir über uns“ führt lediglich zum timeout. Blogs sind offensichtlich nicht eingeplant, ein Forum (tolle, neue Idee) soll für eine community sorgen.

Am Leser vorbei - Blogger kein Maßstab

(Archiv: 15. September 2006)

Still ruht zur der See, wenn es um die Online-Aktivitäten des Hauses geht. Zumindest der Flurfunk meldet dem einfachen Print-Redakteur keine Neuigkeiten. Die WAZ-Blogger üben weiterhin blind vor sich hin und Lyssa, so hört man, ist weiter auf dem Marsch durch die Institutionen, um die Häuptlinge der Verschiedenen Zeitungstitel vom Projekt Westeins zu überzeugen. Wir Schreib-Indianer sind bisher nicht betroffen. „Cross-medial“ ist noch ein Fremdwort, das bis jetzt lediglich in Stellenausschreibungen vorkommt.
Zeit also sich auf das Kerngeschäft, Schreiben für die Print-Ausgabe, zu konzentrieren. Und da geht es uns fast so ähnlich wie den WAZ-Bloggern, auch wir wissen nicht, wer uns warum liest. Zwar haben wir im Gegensatz zu den bloggenden Kollegen wenigstens mehr oder weniger kontinuierliche Kontakte zu Lesern (Briefe, Mails, Telefongespräche), aber ob wir mit der Themen- und Nachrichtenauswahl wirklich richtig liegen, wissen auch wir nicht. Das Instrument Reader-Scan wird bei uns (glücklicherweise, sonst könnten wir den Lokalteil ja wohl dichtmachen) nicht eingesetzt.
In diesem Zusammenhang ist es schon interessant, welche Meinungen Außenstehende haben. Da meint doch der Holtzbrink-Chef Grabner laut Standard, wir Zeitungs-Journalisten schrieben am Leser vorbei, da wir viel zu oft den Einflüsterungen der Politik erliegen würden. Beim Lokalteil möchte ich das erstens bezweifeln und zweitens darauf hinweisen, dass hier viele politische Entscheidungen den Leser unmittelbar treffen. Ein Bundeswehr-Einsatz im Libanon trifft den Bürger nicht so unmittelbar wie die Schließung von Schwimmbädern vor der Haustür.
Wenigstens stärkt Grabner uns Zeitungs-Redakteuren den Rücken, indem er uns die Rolle zuweist, über das Informations-Tohuwabohu einen Filter zu legen. Von Blogs hat Grabner offensichtlich keine hohe Meinung. Laut Standard glaube er nicht, dass die Meinung der Mehrheit der Bloggenden zum Maßstab werde. Schade eigentlich.

Wiedersehen

(Archiv: 10. September 2006)

„Sie haben sich aber gar nicht verändert.“ Ich bin einmal gespannt, ob das Brecht-Zitat auch für eine ehemalige Kollegin gilt.
Vor 20 Jahren verließ die engagierte Umwelt-Schützerin Eva Goris ihren Reporter-Job bei der WAZ, um Pressesprecherin bei Greenpeace-Deutschland zu werden. Das war für alle Kollegen bei ihrer kritischen Einstellung nur folgerichtig. Aber als sie dann zu „Bild der Frau“ und 1990 schließlich zur Bams wechselte, war das nicht nur für mich erstaunlich. Na gut, sie brachte den Blöd am Sonntag-Lesern die Erkenntnis nahe, dass es tatsächlich so etwas wie „Umwelt“ gibt sie schaffte es, für das Sonntags-Blatt ungewohnte Umwelt-Themen zu platzieren und erntete dafür, für ihr kritisches Ernährungs-Buch und ihr Umwelt-Engagement sogar Preise.
Jetzt werde ich die Kollegin wiedersehen und zwar ausgerechnet beim Schmuse-Talker Johannes B. Kerner. Am Mittwoch, 13. September, 22.45 Uhr soll sie laut Prisma auf der Gästeliste stehen. (Komischerweise stehen beim ZDF andere Gäste auf dem Plan. Ich lasse mich überraschen) Bin mal gespannt, ob die Arbeit beim Blöd-Konzern wie 16 Jahre Springer ihre Haltung beeinflusst haben.
Liebe Eva, hoffentlich hast Du dich nicht zu sehr verändert! (Herr Keuner möge mir verzeihen.)

Stellenabbau

(Archiv: 6. September 2006)

Das hört sich nicht gut an, was bei einem großen Mitbewerber so geplant ist. So berichtet die FTD von einem erheblichen Stellenabbau bei Springer.
Einst spottete man in Brachenkreisen über die äußerst sparsame WAZ, jetzt freut man sich ja fast über die immer schon ziemlich "schlanke" Personalpolitik.

Wir werden cross-medial

(Archiv: 5. September 2006)

Es tut sich was bei der Umstrukturierung der WAZ im Ostvest und in Sachen Online. Inzwischen hängen im Haus die Ausschreibungen für die neue Regional-„Zentral“-Redaktion Recklinghausen aus. 28 Redakteurs- und Sekretariatsstellen sollen rund um den geplanten Newsdesk besetzt werden. Ihre Aufgabe sei es, so die Ausschreibung, „eine in Form und Inhalt moderne, attraktive Regionalzeitung für den Kreis Recklinghausen“ zu machen.
Auf das hausinterne Personalkarussell können nicht nur die Mitarbeiter aus den zu schließenden Ostvest-Redaktionen aufspringen, die Ausschreibung gilt für alle WAZ-Redakteure.
Auffallend ist, da bereitet man sich wohl auf die schöne neue Web2.0-Welt vor (Lyssa lässt grüßen), dass zu den Einstellungsvoraussetzungen die „Fähigkeit und Bereitschaft, auch den Online-Auftritt zu gestalten“ gehört.
Diesen Arbeitsschwerpunkt haben auch die neuen Planstellen, die in sechs anderen Lokalredaktionen geschaffen werden. „Cross-medial“ ist dabei das Schlüsselwort.
Auch Lyssas Reich soll zumindest bei der WAZ wachsen, die Online-Redaktion wird um zwei Köpfe verstärkt.
Ein gewisses Aufatmen ist in den Redaktionsfluren zu vernehmen. Das Haus scheint offensichtlich sein Versprechen, trotz Redaktionsschließungen keine Planstellen abzubauen, zu halten.

Dienstag, 8. Mai 2007

Alpen-Blick

(Archiv: August 2006)

So lange hier unter Lyssas Regie am neuen Web-Portal gearbeitet wird, schaut man sich auch mal um, was andere Neustarter so machen. Mit viel Tamtam startet ja morgen in Österreich die neue Zeitung der Fellner-Brüder. Zum neuen Druckwerk, das ganz bescheiden den Namen "Österreich" trägt startet auch das Internet-Portal "oe24".
Noch kann man ja über den Content noch nichts sagen (ganz verschämt habe ich den Begriff blog entdeckt), aber vom Design wirkt es wie eine poppiger gestaltete WAZ-Startseite. Wenn das innovativ sein soll, ich weiß ja nicht.

Ungezählte Besucher

(Archiv: 29. August 2006)

Wenn manche es auch anders sehen, ich weiß, was ich hier mache: Aus der Deckung mit kleinen bits und bytes auf den großen Tanker WAZ schießen. Und es gibt offensichtlich ein gewisses Interesse an diesem Spielchen in der Blog-Welt. Das kann ich zumindest an den Besucherzahlen dieser Seite feststellen. (Mit vielen Mühen ist es mir endlich gelungen einen Counter zu installieren, ohne gleich die ganze Seite zu zerschießen. Warum kenne ich bloß keine erfahrenen Blogger persönlich?)
Aber nun gut, ich kann wenigstens sehen, dass ich nicht ins Nirwana blogge. Da geht es mir wesentlich besser, als meinen offiziell bei der WAZ bloggenden Kollegen. Die bekommen nicht nur äußerst selten Kommentare (die würden sich sogar über Verrisse negatives feedback freuen), sie wissen auch nicht, wie viele Besucher ihre Seiten haben. Es ist kaum zu glauben, aber es gibt (das versicherte mir ein Software-Experte aus dem Haus) kein umfassendes Zähl-Dings Statistik-Tool für einzelne Seiten.
Die Kollegen „ber“ und Peter können also nie wissen (vermutlich will es der Chef auch gar nicht wissen), wie viele Besucher ihre Blogs haben, geschweige denn etwas über Referrer oder andere nützliche Daten erfahren. So ist das in einem großen alten Tanker Kommunikationsunternehmen.
Da gibt es noch viel zu tun für Lyssa Katharina Borchert, bevor die WAZ ins Web2.0 katapultiert gebracht werden kann.
Vielleicht liegt es eben daran, dass sich auf uns Zeitungsleute die Online-Aktivitäten noch nicht konkret ausgewirkt haben, (Lyssa hat der Lokalredaktion noch keinen Besuch abgestattet) mal abgesehen von den wenigen Redakteurs-Blogs und meinem kleinen Freizeit-Vergnügen.

Das ultimative Interview - Mein lieber Schwan

(Archiv: 28. August 2006)

Interviews gehören für einen Zeitungs-Redakteur zum alltäglichen Leben. Mit wievielen Fragen ich bisher meine Gesprächspartner genervt habe, weiß ich schon nicht mehr. Um so spannender ist es, wenn man selbst zum Objekt der Wissbegierde wird.
So ist es mir jetzt gegangen, Ben Schwan hat sich Im Mediendschungel an mich herangemacht. Die Fragen sind, so mein Eindruck, als Provokation gedacht sicher investigativ gemeint. Hier der Wortlaut: (Ich konnte es nicht lassen, das ganze auch hier zu bringen, sorry Ben!)

(Aktuelle Anmerkung: Ben Schwan hat seinen Mediendschungel inzwischen abgeschaltet)

Im Mediendschungel: Zuerst einmal die wichtigste aller Fragen - warum glaubst Du, antwortet Katharina "Lyssa" Borchert diesem wunderbaren Weblog nicht? Nerve ich einfach zu sehr? Hat Sie Angst vor den bohrenden Fragen?

WAZsolls: Ich glaube an die einige katholische...Warum wer wem antwortet (zu früh, zu spät oder gar nicht) ist sicher keine Glaubensfrage. Da ich aus verständlichen Gründen Lyssa dazu nicht befragen werde, kann ich nur sagen: Ich weiß es nicht. Aber da Glauben bekanntlich Berge versetzt, lass uns glauben, dass sie bald antwortet.

Im Mediendschungel: Wenn Du uns in einigen Sätzen erläutern könntest, wie die ersten Wochen unter Frau Borchert aussahen, wären wir Dir sehr verbunden.

WAZsolls: Wie es unter Frau Borchert aussah...entzieht sich meiner Kenntnis, mein Redaktionsbüro liegt über ihr. Aber im ernst, für die Print-Kollegen hat sich nichts geändert, unser Chef heißt weiterhin Ulrich Reitz. In Kontakt kamen bisher nur die bloggenden Kollegen, die von ihr aufmunternde Mails erhielten.

Im Mediendschungel: Warst Du positiv überrascht von so viel
jugendicher Energie? Oder merkt man, dass Ihr Papa der langweilige Ex-Landwirtschaftsminister Borchert ist?

WAZsolls: Langweiliger Vater? Ich hab den mal in Wattenscheid im Wahlkampf erlebt und kann nur sagen, auch bodenständige Landwirte sind nicht ganz ohne. Aber wie ich schon in meinem Blog erwähnte, geht Frau Borchert erfrischend unkonventionell mit Hierarchien um. Wenn sie nicht gerade im Konzern unterwegs ist, kann man ohne einen Sekretariats-Zerberus überwinden zu müssen, einfach mal bei ihr anklopfen.

Im Mediendschungel: Hast Du verstanden, was Euer Management konkret mit der altehrwürdigen WAZ vor hat? Meinst Du, dass es von Frau Borchert verstanden wird?

WAZsolls: Weiß den wirklich einer so genau, wie und wohin sich der Mediendschungel und web2.0 entwickeln werden? Was die WAZ betrifft: Ich konnte noch nicht verstehen, was unser Management vorhat, da es mich (wie üblich) nicht in seine Pläne eingeweiht hat. Bei Frau Borchert gehe ich von der Hypothese aus, dass sie im Online-Bereich das Konzept vorgibt und, wenn das Management es gutheißt, es auch zu realisieren versucht.

Im Mediendschungel: Haben Du und Deine Kollegen Angst vor dem, was da kommen könnte? Wäre es eine Gemeinheit, zu behaupten, dass dieser ganze New Media-Kram vor allem dazu dient, altgediente Redakteure
loszuwerden?

WAZsolls: Zu Frage 1: Bei allem Neuen gibt es Vorbehalte. Ängste bereiten eher die allgemein bei Tageszeitungen zurückgehenden Auflagenzahlen.
Zu Frage 2: Ja (Gemeinheit)

Im Mediendschungel: Passen lokale Inhalte und diese trendigen Blog-Sachen zusammen? Es kommt mir etwas weit hergeholt vor, dass Tageszeitungsleserin Erna E. nun Online-Tagebücher kommentieren.

WAZsolls: Was ist an lokalen Inhalten nicht trendy? Auch im Lokal-Bereich werden nur noch selten Brieftauben eingesetzt, selbst eine Lokalredaktion nutzt Computer und E-Mails. Ob Erna E. (79?) nun Blogs (Online-Tagebücher??) kommentiert, mag vielleicht etwas weit hergeholt sein, aber warum sollte Timo H. (26) nicht in die Tasten greifen?

Im Mediendschungel: Die ersten Blog-Versuche seitens der WAZ waren jedoch, mit Verlaub, eher sehr merkwürdig. Wie kamen die zustande? Ist es jetzt besser?

WAZsolls: Merkwürdig mögen die Versuche aus der Sicht alter Blog-Hasen vielleicht gewesen sein, aber ich finde dass sich Kollege Kassner (auf den Du sicher anspielst) doch gut eingebloggt hat. Wie es zu seinem Blog kam, hat er selbst beschrieben. Alles ist (fast) wahr. Inzwischen hat sich (trotz der Verriss-Erfahrungen von „ber“) noch ein weiterer Kollege von mir in die Blog-Welt gewagt. Ob das jetzt besser ist, soll das Publikum (nicht nur die Fachwelt) entscheiden. (Der Lokalchef läuft mit seinen aus dem Print übertragenen Samstagskommentaren außer Konkurrenz.)

Im Mediendschungel: Wie machen sich Lokalredakteure überhaupt als Blogger? Passt das zusammen?

WAZsolls: Da fragst Du den Richtigen, für mich passt das zusammen.

Im Mediendschungel: Haben Du und Deine Kollegen Respekt vor Frau Borchert? Immerhin ist sie von 0 (Bloggerin) auf 100 (Online-Chefredakteuse) geschossen, ohne großartig berühmte journalistische Zwischenstationen.

WAZsolls: Alle Kollegen, die schon einmal Ausflüge in die Blogosphäre gemacht haben (es sind inzwischen einige), wissen, dass Lyssa eine der Großen (nicht nur wegen der Klickzahlen) der Szene ist. Daher: Respekt. Journalismus und Bloggerei, bloggende Journalisten, sich als Journalisten aufspielende Blogger ... ein immerwährendes Diskussionsthema. Aber zu dem worauf Du hinauswillst: Sollte stattdessen ein preisgekrönter Journalist ohne Web-Erfahrung den Online-Auftritt einer Zeitung stemmen?

Im Mediendschungel: Wie fandet Ihr das Lyssa-Kanzler-Interview? Lustig? Oder eher disqualifizierend?

WAZsolls: Das hängt vom Standpunkt des Betrachters und seiner Haltung zu Angela ab. Ich habe mich amüsiert!

Im Mediendschungel: Wie sieht die WAZ in zehn Jahren aus? Ist sie dann printtechnisch eingestellt, komplett online? Oder ist das Käse?

WAZsolls: Da muss ich mal einen Blick in meine Glaskugel werfen: Ich sehe große Stapel bedruckten Papiers, die fleißige Helfer in aller Herrgottsfrühe vor die Haustüren legen. Nach der ersten Lektüre werden die Menschen ihre Rechner anwerfen und die gelesenen Geschichten im Online-Portal der WAZ direkt kommentieren...Jetzt wird das Bild in der Glaskugel etwas verschwommen. Doch ja, jetzt sehe ich die WAZ-Kunden, wie sie ein Video-Interview, das Lyssa anlässlich der dritten Amtsperiode der Kanzlerin Merkel aufgenommen hat, auf ihre Ipods herunterladen.

Im Mediendschungel: Ihr seid Inhaltespezialisten, Ihr wisst wie Ihr schreibt, wie man recherchiert und ordentliche journalistische Arbeit macht. Das sind Kernkompetenzen, die sich auch 1:1 auf das Internet übertragen lassen, ohne dass man irgendwelche Blogs, Web 2.0-Hypes oder ähnliches benötigt. Wäre es da nicht das natürlichste, einfach jemanden aus der eigenen Mitte zu bestimmen, der dieses Internet-Ding stemmt?

WAZsolls: Klar doch, so sollten wir es machen. Was soll das ganze Internet-Ding überhaupt? Wo schreibe ich hier eigentlich...? Was gehen mich neue Entwicklungen an, wir haben es immer so gemacht und dabei bleibt es (in einem Video-Interview wäre jetzt ein ironisches Grinsen des Befragten im Bild)

Im Mediendschungel: Wie kam der Dialog, der über das WAZ-Projekt in den Blogs lief, in der Redaktion an? Wird sowas überhaupt mitbekommen? Wie ich höre, bloggst Du ja inzwischen (privat) auch selbst.

WAZsolls: Wir haben es mit Interesse und Amüsement verfolgt. Wann wird man schon einmal selbst zum Thema? Das erfreut den eitlen Journalisten. Zum privaten Blog: Du hast richtig gehört.

Im Mediendschungel: Um mal kurz weg vom Internet zu schwenken - was hälst Du von der allgemeinen Medienkonzentration in NRW besonders durch die WAZ-Gruppe? Ist das noch gesund? Oder sowieso wurscht, weil
immer weniger Leute Zeitung lesen?

WAZsolls: Das ist eine Grundsatzfrage, die sich nicht in einem kurzen Interview beantworten lässt. Als gewerkschaftlich organisierter Arbeitnehmer sehe ich alles, was Arbeitsplätze gefährdet, mit Sorge. Als Zeitungsleser bin ich an Medienvielfalt interessiert, als WAZsolls hoffe ich auf sichere Redakteursstellen.

Sie haben sich aber gar nicht verändert...

(Archiv: 21. August 2006)

Ein Mann der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: „Sie haben sich aber gar nicht verändert.“ „Oh“, sagte Herr Keuner und erbleichte.
Frei nach Brecht hat es über Jahre bei der WAZ kein Erbleichen gegeben. Denn erstens veränderte sich tatsächlich kaum etwas und zweitens störte das keinen.
Wir sind Zeitungs-Journalisten und werden es auch ad infinitum bleiben, lautete die Devise. So wurde der Versuch, 1997/98 die Plattform Cityweb mit journalistischem Content zu füllen, eher milde von den Print-Kollegen belächelt. Und als das Experiment, aus welchen Gründen auch immer, eingestellt wurde, hörten die aus dem WWW an den Zeitungs-Schreibtisch zurückkehrenden Kollegen nur ein hämisches „Siehste!“
Jetzt geht das mit dem Internet schon wieder los... und sorgt diesmal für Aufregung in den Redaktionen. Da sind zum einen die Bedenkenträger: „Wir graben uns doch selbst das Wasser ab. Was hat die ganze Bloggerei mit Journalismus zu tun? Wen wollen wir damit denn erreichen?“ So dachte offensichtlich auch der Päsident des frischgebackenen Fußball-Zweitligisten Rot-Weiß Essen. Das Angebot, als Blogger bei der WAZ den Fans (und als MdB seinen Wählern) näher zu kommen, lehnte er strikt ab: „Kein Bedarf!“
Doch die Front weicht auf. Außer dem Kollegen „ber“ gibt es immer mehr WAZler die selbst einmal das Internet anwerfen und auf die Reise durch die Bloggosphäre gehen. „Da kann ja doch was dran sein. Vielleicht können wir so zeitungsferne Schichten erreichen. Die Schnelligkeit des Mediums hat etwas für sich.“ Auch vor dem angekündigten Besuch von Lyssa in der Redaktion gibt es immer mehr Kollegen, die sich ernsthafte Gedanken machen, auch wenn sie mit dem Begriff web2.0 noch nicht allzu viel anfangen können.
Trotz langjähriger Erfahrungen mit der WAZ-Hierarchie, besann sich jetzt ein Lokalredakteur auf sein Handwerkszeug, wartete keine hausinterne Pressemitteilung ab, sondern stiefelte direkt in die zweite Etage, klopfte an die Tür mit dem frischen Namensschild K. Borchert – und wurde prompt vorgelassen. Aus dem erwarteten kurzen Gespräch (oder dem befürchteten schnelle Rauswurf) wurden lehrreiche (das beteuert der Kollege jedenfalls) eineinhalb Stunden.
Allein schon die Tatsache, dass das Print-Fußvolk (zumindest in diesem Fall) ohne langwierige Prozedur bis zu den Schaltstellen der Online-Macht vordringen kann, zeigt einen Trend zum Wandel. Hoffentlich setzt sich dieser Stil durch.
„Sie haben sich aber gar nicht verändert...“ Vielleicht doch – ein kleines bisschen.

Blog-Baustelle

(Archiv: 9. August 2006)

Jetzt wird es langsam gefährlich. Man denkt schon fast mehr an seinen nächsten Blog-Beitrag als an die aktuelle Geschichte, an der man für die nächste Print-Ausgabe arbeitet. Für letzteres werde ich bezahlt, ersteres ist ein Freizeit-Vergnügen.
Und schon ist man mitten in der Kern-Problematik, die viele, nennen wir sie einmal Medien-Blogger, interessiert. Kann man mit Blogging Geld verdienen, ist Blogger ein Beruf, welchen (kommerziellen) Nutzen erwarten Untenehmen durch ihren Einstieg ins web2.0 (oder wie man die schöne neue online-Welt nennt). Und vor allen Dingen, was erwartet die WAZ durch ihr Enaggement im Online-Bereich. Bisher hat man doch kaum einen Cent in die Hand genommen, ohne das sicher war, dass er sich in einen Euro verwandeln würde. Wo wird aber nun im Netz der Umsatz und vor allen Dingen die Rendite erwartet? Fragen über Fragen!
Noch sind es bei der WAZ Parallelwelten mit nur ganz wenigen institutionellen Schnittpunkten zwischen Print und online. Und in den Köpfen gibt es fast nichts, was den handfesten Lokalredakteur mit den nebulösen Netzwelten verbindet. Klar, einige Kollegen haben mitbekommen, dass nicht nur abends die eigenen Artikel „online“ gestellt werden und dass es so etwas wie Foren gibt, sie haben sogar gehört, dass es „blogs“ geben soll. Was das ist? Frag den Kassner (ber), der kennt sich damit aus. Hast Du schon einmal unsere WAZ-blogs angesehen? Nee, wenn ich mal Zeit habe, schaue ich mir das an! Wie finde ich das, was muss ich da eingeben?
Schade, so fehlten mir als "WAZsolls" die Gesprächspartner, gibt es kein kollegiales feedback. Dabei sollen doch, glaube ich Don Meyer Alphonso, Journalisten am liebsten über sich selbst schreiben.
Zurück zum Blog: Seit gestern wissen Leser und Kollegen es ja etwas besser. Auf Seite 3 erklärt die WAZ nicht nur was Speiseeis ist und was es mit den Nackten im Düsseldorfer Museumsviertel auf sich hat, nein auch den weblogs, blogs, Internet-Tagebüchern (?!) werden kostbare Quadratzentimeter freigeschlagen. Die Kollegen zumindest haben es mehr oder minder interessiert zur Kenntnis genommen.
Es bleibt noch viel zu tun. Um ein erfolgreiches Projekt zu starten reicht es nicht, Ulrich R. und Bodo H. zu überzeugen und vielleicht einige Blog-Stars (gegen Honorar??) mit ins Boot zu holen. Die Botschaft muss auch bei den traditionellen Hütern des gedruckten Wortes, an der Schreiber-Basis ankommen. Bisher gibt es nur Schweigen aus der 2. Etage (Sitz der Chefredaktion & Lyssa, in deren Lounge ich sehnlichst auf neue Beiträge warte).
Bisher gab es nur Halb(!)tages-Kurse für die Online-Beauftragten (so heißen sie wirklich) der Lokalredaktionen, in denen die Bedienung der Software für die Leserforen trainiert wurde.
Es gibt noch viel zu tun

Tarnkappe bei der WAZ

(Archiv: 7. August 2006)

Es ist doch nicht zu glauben, kaum einen Tag in der Blogosphäre unterwegs (nun ja, vor einer Woche hat man mir versucht zu erklären, was ein Blog ist) und schon wird man wahrgenommen. Na gut, die große WAZ und ihr bisher kleiner Anfang im Blog-Dorf bewegt natürlich die Gemüter der online-Gurus. Und wenn dann auch noch eine der Ihren auf die Kommandobrücke des Tankers WAZ geholt wird...
Als schreibender Redakteur bisher daran gewöhnt, jeden Artikel mit dem eigenen Namen zu zeichnen, ist es ein völlig neues Gefühl, ganz anonym in der Öffentlichkeit seine Spuren zu hinterlassen und Rätsel aufzugeben. So wird schon in den Redaktionen geforscht, wer sich hinter WAZsolls versteckt und sein Unwesen treibt.
Ist es nicht gerade der Reiz der Tarnkappe, der manchen Blogger immer wieder ins Netz treibt. Von einem Großen dieser Szene, der sich online bissig und sarkastisch gibt, berichtet man, dass er im wirklichen Leben (das gibt es tatsächlich) eher bescheiden, fast schon gehemmt wirkt.
Doch wer will das hier schon wissen. Die Freaks, die diese Seite dankenswerterweise in ihrem Radar beobachten, warten sicher auf Insider-Informationen aus dem neuen Lyssa-Reich, die Tiefgaragen-Story ist ja schon einige Tage alt. Erst einmal, die oben erwähnte Real-life/Netz-Persönlichkeitsspaltung gilt bei Katharina B. nicht. So berichtet zumindest der Kollege, der nach harscher Kritik aus der Blogosphäre das Gespräch mit ihr suchte. Kenner der WAZ-Gepflogenheiten werden sich wundern, der Kollege wurde ohne Terminabsprache, ohne Kalender schwingenden Sekretariats-Zerberus einfach vorgelassen. Erst im Allerheiligsten konnte er sein Vorstellungs-Zauberwort „Waz worstcase“ (intern schon zu WAZ Wurstkiste mutiert) loswerden.
Freundlich, kompetent und schnell denkend machte Katharina B. den Kollegen (Herbergsvater) zum Lyssa-Fan. (Das „Fan“ wird er zwar abstreiten, aber eine gewisse Begeisterung kann er sicher nicht leugnen). Und worüber wurde gesprochen? Sorry, aber auch mit Tarnkappe gilt der Informantenschutz, schließlich bin ich schreibender WAZ-Mann und will es auch bleiben.
Demnächst will Lyssa von ihrer Kommandobrücke eine Etage höher in die Niederungen der Lokalredaktion räumlich auf-, hierarchisch absteigen, um ihre Konzepte den schreibenden Kollegen an der Stadt- und Stadtteilfront zu erläutern. Dann wird sie sicher auch dem Lokalchef (Boss von ber) klarmachen, dass es als Blogger kein guter Einstand ist, seinen abgestandenen Wochenkommentar einfach ins Netz zu stellen.

Druck aus dem Netz

(Archiv 6. August 2006)

Es ist schon verwunderlich. Da wird die WAZ jahrelang als große Zeitung mit mäßiger Qualität eher mitleidig belächelt. Die großen Star-Journalisten sprechen allenfalls in Nebensätzen von einem Provinzblatt.
Und das große weltweite Dorf? Die ach so avantgardistischen Foren-Helden und Blog-Cracks nehmen die zaghaften Online-Versuche des Print-Riesen mit dem Zwergen-Renomee überhaupt nicht wahr. Gar nicht ignorieren! lautet die Devise.
Dann geschieht das unfassbare, die Manager des biederen Rendite-Krösus kaufen nicht nur eine Rei(t)z-Figur mit Online-Faible für den Printbereich ein, nein, für die Netz-Aktivitäten wird eine Blogger-Ikone mit Kanzlerinnen-Zutritt (Lyssa) fest engagiert. Und die hält noch vor Vertragsbeginn mit einigen Häuptlingen aus dem deutschen Blog-Dorf auch gleich ein strategisches Palaver ab.
Und nun steht die gute alte WAZ plötzlich im Mittelpunkt des Interesses. Kein renommierter Medien-Blogger, der auf sich hält, erspart sich einen Kommentar. Dieser Wirbel wird auch genutzt, um die ersten zaghaften Blog-Versuche einiger mutige Print-Journalisten aus dem Lokalbereich der absoluten Lächerlichkeit preiszugeben.
Da zeigt sich ein gravierender Unterschied zwischen seriösem Print-Journalismus (auch wenn er langweilig erscheint) und der nur auf den ersten Blick kompetenten medienkritischen Blogger-Szene. Im Printbereich sollte zumindest eine rudimentäre Kenntnis des Berichtsgegenstandes vorhanden sein, Blogger können munter drauflos fabulieren.
Im konkreten Fall hat sich keiner der Kritiker schlau darüber gemacht, wie und unter welchen Bedingungen konkret in der Essener Lokalredaktion die ersten Blogs enstanden. Warum auch informieren, ohne Fakten formuliert es sich viel schöner, besonders von Blog-Ästheten, die den staunenden Claqueuren ganz beiläufig mitteilen, welche beeindruckende Festmeterzahl ihre Privatbibliothek habe. Was sind da schon Blog unerfahrene Fuzzies aus einer WAZ-Lokalredaktion, die auch noch Emoticons einsetzen?
Welch ein Glück, dass die meisten Print-Redakteure und der Großteil der Leser überhaupt nicht mitbekommen, wie man plötzlich in den Fokus einer weltweiten Minderheit geraten kann.
Bis vor wenigen Wochen war mir die Bloggerei allenfalls aus bildblog bekannt, meine Welt ist noch imme das gedruckte Wort. Aber wenn schon meine WAZ-Kollegen ins Kreuzfeuer der online-Kritik geraten sind, will ich das Feld nicht nur den Outsidern überlassen. Noch kenne ich die Online-Chefredakteurin nur aus ihrer lounge. Ich bin gespannt, wie sie die Print-Kollegen mit auf die Reise in die Blogosphäre nimmt.
Dazu bestimmt demnächst mehr...

WAZsolls kommt wieder!

Nachdem mein bisheriger Hoster offensichtlich seine Seiten aus dem Netz genommen hat, musste ich einen Umzug organisieren. Die (Text-)Kisten sind gepackt, jetzt müssen nur noch die Möbel aus der alten Wohnung geholt werden. In wenigen Tagen geht es nach langer Pause hier weiter.
Bis demnächst